Checkliste für eine Selbstanzeige (SA) iS § 29 FinStrG
Selbstanzeige erstatten?
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Nur im Falle von vorsätzlichen oder fahrlässigen Abgabenverkürzungen steht zusätzlich zur Steuernachzahlung auch die Frage einer Bestrafung nach dem Finanzstrafgesetz im Raum.
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Sind derartige Aufdeckungen im Rahmen der Betriebsprüfung sehr wahrscheinlich, so stellt sich die Frage einer rechtzeitigen Selbstanzeige, wodurch Straffreiheit erlangt werden kann.
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Damit diese Straffreiheit eintritt, sind aber mehrere Voraussetzungen zu erfüllen:
- So muss die SA bei einem vorsätzlichen Finanzvergehen anlässlich einer Betriebsprüfung spätestens bei Beginn der BP (= Aufforderung zur Übergabe der Unterlagen) erfolgen. Während einer laufenden BP ist es für eine SA dies falls zu spät!
- Eine Schadensgutmachung (bei Ratengewährung innerhalb von längstens zwei Jahren) muss geleistet werden, die verkürzten Beträge müssen also auch entrichtet werden! Ist das leistbar?
- Weiters gibt es strenge Anforderungen an den notwendigen Inhalt einer Anzeige, worüber wir als Ihr Steuerberater Sie im Anlassfall detailliert beraten müssen.
- Findet die BP auf Initiative der Finanzstrafbehörde statt (sog. § 99 Abs. 2 Prüfung), so gilt dies als Verfolgungshandlung, womit in der Regel eine rechtzeitige SA nicht mehr möglich ist.
Voraussetzungen für eine strafbefreiende SA sind:
1. Darlegung der Verfehlung (§ 29 Abs. 1FinStrG)
Die Darlegung muss so präzise sein, dass der Finanzbehörde eine rasche und richtige Entscheidung ermöglicht wird.
Folglich sind seinerzeit unterlassene Angaben nachzuholen, falsche Angaben sind zu berichtigen und unvollständige Angaben sind zu ergänzen (welche Abgaben wurden in welcher Periode verkürzt).
2. Offenlegung der für die Verkürzung bedeutsamen Umstände (§ 29 Abs. 2)
Bei Verkürzungsdelikten sind ohne Verzug (=zeitgleich) jene Umstände offen zu legen, welche die Behörde für die Feststellung der Verkürzung benötigt. Die Behörde muss in die Lage versetzt werden, dass die Abgaben ohne weitere Nachforschungen bescheid mäßig festgesetzt werden können.
Eine Bekanntgabe der richtigen Steuerbemessungsgrundlage (=berichtigte Steuererklärungen) ist in aller Regel eine konkludente Darlegung der Verfehlung und zugleich auch Offenlegung (gegenteilig nur OGH 29.7.1997, 14 Os 204/96)
3. Darlegung gegenüber zuständiger Behörde oder Finanzstrafbehörde
Die Darlegung hat entweder an die örtlich und sachlich zuständige Abgabenbehörde oder an (jede) sachlich zuständige Finanzstrafbehörde erster Instanz zu erfolgen (Achtung z.B. bei GreSt oder Erbschaftssteuer, EUSt, etc.)
4. Entrichtung der Geschuldeten Beträge möglich?
Kann der Anzeiger insofern Schadengutmachung leisten, als die verkürzten Abgaben rechtzeitig entsprechend den Abgabenvorschriften entrichtet werden können?
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Wenn die positive Erledigung eines rechtzeitigen ZE-Ansuchens wahrscheinlich ist: Kann die Schadensgutmachung zumindest innerhalb von 2 Jahren erfolgen?
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Klärung ob die Zahlungsfristen der BAO (§ 210 Abs. 4) ausgenützt werden können, oder (wenn z.B. keine bescheid mäßige Festsetzung von Selbstberechnungsabgaben vorgesehen ist - beispielsweise bei verspäteter Ust-VZ - eine sofortige Entrichtung erforderlich ist).
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Ist eineVerrechnungsanweisung erforderlich, weil es ansonsten zu einer Verrechnung auf die ältesten Abgabenschuldigkeiten kommt, wodurch Straffreiheit verloren geht?
5. Ist Rechtzeitig der SA gegeben? (§ 29 Abs. 3 lit a-c)
A. Hat bereits eine Verfolgungshandlung (vgl. § 14 Abs. 3 FinStrG) stattgefunden?
Dies falls ist eine SA zu spät!
Beispiel: Vorerhebungen, Vernehmung, Einleitung eines Strafverfahrens, Amtshilfeersuchen, Hausdurchsuchung, Beschlagnahme, Prüfung gem. § 99 Abs. 2, Rechtshilfeersuchen, etc.
Zumal die Kenntnis des Täters von einer Verfolgungshandlung nicht erforderlich und auch eine Verfolgungshandlung gegen einen Beteiligten ausreicht, kann die Rechtzeitigkeit der SA nie vorhergesehen oder gar garantiert werden.
B. Ist bereits Tatentdeckung gegeben?
Wenn zum Zeitpunkt der SA die Tat ganz oder teilweise entdeckt und dies dem Anzeiger bekannt war, tritt die Straffreiheit nicht ein.
Keine Tatentdeckung ist i.d.R.:
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Automatische Zusendung von „Erinnerungen“ zur USt-VZ Abgabe
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Bloße Nichtabgabe einer USt-VA
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Kontrollmitteilungen (es sei denn, es wurde festgestellt, dass ein von der KM umfasster Geschäftsfall in der konkreten Abgabenerklärung nicht erfasst ist)
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Bedenken Vorbehalt, wenn er ohne direkten Bezug auf die KM erfolgt
C. Läuft die BP schon?
Letztmöglicher Zeitpunkt bei Vorsatzdelikten (nicht auch Fahrlässigkeitsdelikten!) ist bei BP/Nachschau die Aufforderung zur Vorlage der erforderlichen Aufzeichnungen, unabhängig davon ob die Prüfung dann auch gleich beginnt.
6. Für wen aller soll eine SA erstattet werden?
Eine SA wirkt nur für jene physische Personen, für die sie ausdrücklich erstattet wird, nicht automatische für alle anderen an der Tat Beteiligten. Selbst eine SA für einen Alleingesellschafter und GF einer GmbH muss die physische Person namentlich anführen!
Für welche Mittäter und Beteiligten soll also die SA eingebracht werden.
Quelle: ÖGSW